Der Zwetschgenbaum oder „Nr. 57 lebt“
Man schrieb das Jahr 1928 in Heddernheim, einem Stadtteil von Frankfurt am beschaulichen Flüsschen Nidda.
Für die Bürger wurden entlang des Ufers Kleingärten angelegt. Jedem der einen Garten ergattern konnte wurde auferlegt,
dass er einen Zwetschgenbaum direkt neben der Hütte zu pflanzen habe.
Nun standen Hunderte von Zwetschgenbäumen in der Kleingartenanlage die man liebevoll „Bubeloch“ genannt hatte und Groß und Klein hatten ihre Freude dran.
Die Jahre gingen ins Land und die Generationen kamen und gingen. So um 1978 bekam dann unsre Oma den Garten Nummer 57 mit Zwetschgenbaum.
Der Baum trug über die Jahre viele Früchte und auch unsere Familie labte sich im September am Zwetschgenkuchen. Oma und Baum wurden alt. Unsre Oma wurde 88. Der Baum leider nicht.
Wir mussten den Garten aufgeben und das Auflösungskomitee des Kleingartenvereins bestimmte: Der Baum muss weg! Damals 1928 beim Pflanzen durfte man noch mehrere Bäume haben, jetzt aber ist alles reglementiert und mehr als ein Baum ist verboten. Nun hatten wir neben unserem geliebten Zwetschgenbaum noch einen Apfelbaum an dem der Specht noch nicht so viel zugange war. Also traf es den Zwetschgenbaum.
Alles hatte er überlebt, den Zweiten Weltkrieg, den sauren Regen, die Dioxine der nahen Müllverbrennungsanlage, aber halt nicht die Kleingartensatzung……….
Nun stand ich da mit der Säge in der Hand und wurde traurig. War mir der Baum doch mittlerweile ein Weggefährte.
Tief betrübt nahm ich meinen Zwetschgenbaum (er war mir ja aus der Erbmasse zugefallen) in den Arm und sagte ihm, dass ich ihm die Krone abschneide.
Sei nicht traurig, denn ich mache ein Kunstwerk aus dir. Du bekommst ein zweites Leben, eine Wiedergeburt, irgendwie.
ER antwortete nicht, kein Rascheln im Laub, kein Knirschen im Geäst, nichts. Ich kappte also die Krone und machte sorgsam die Rinde ab.
Es war im Monat April und der Baum stand voll im Saft und so färbte sich der geschälte Stamm in ein kräftiges gelb-orange.
Es war so, als wolle der Baum seinen Zorn zum Ausdruck bringen, dass er nicht mehr leben durfte.
Es vergingen die Monate bis zum September. Der Zwetschgenbaum war nun ausgetrocknet und bereit zum Fällen.
Mit meinem Freund Stefan machten wir uns an die Arbeit. Nach dem Aufheulen der Kettensäge dann ein dumpfes….wumm.
Nun lag es an mir mein Versprechen einzulösen, ihm sein zweites Leben zu geben.
Zuhause war ich dann mit ihm alleine und habe sehr viele Stunden mit ihm zugebracht, ihn beim Schleifen gestreichelt und ihm immer wieder gesagt wie toll er doch jetzt aussieht.
Nun steht er stolz auf vielen Ausstellungen und macht genau dass, was er auch schon früher gemacht hatte:
nämlich Freude.
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- meine kunst spricht an
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